Bevor du dein Pferd an einem heißen Sommertag sattelst oder auch nur daran denkst, eine Runde zu longieren, solltest du dir über eines im Klaren sein: Reiten im Sommer braucht mehr als nur guten Willen – es braucht Wissen, Achtsamkeit und Verantwortungsgefühl. Reiten, Hitze und Pferdeschutz stehen in einem direkten Zusammenhang. Wer hier vorsorgt, schützt nicht nur die Gesundheit seines Pferdes, sondern legt auch den Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit – selbst an Tagen, an denen die Sonne gnadenlos brennt.
Dein Pferd hat keine Klimaanlage, keine Möglichkeit, sich selbst eine Pause zu gönnen oder dir zu sagen: „Heute ist es zu viel.“ Genau deshalb liegt die Verantwortung bei dir. Es geht nicht darum, gar nicht mehr zu reiten, sobald das Thermometer über 25 Grad klettert. Es geht darum, mit Verstand, Rücksicht und einem Gefühl für dein Pferd durch den Sommer zu kommen. Dieser Text soll dir dabei helfen, genau das zu tun – praxisnah, verständlich und fundiert.
Wie Pferde auf Hitze reagieren – und was du wissen solltest
Pferde sind Fluchttiere, Bewegung ist Teil ihres Wesens. Ihr Organismus ist darauf ausgelegt, dauerhaft in Bewegung zu sein, dabei Energie zu sparen und in Notsituationen schnell zu reagieren. Doch genau diese Veranlagung macht sie bei hohen Temperaturen empfindlich: Ihr körpereigenes Kühlsystem arbeitet weniger effizient als das eines Menschen. Die Schweißdrüsen sind vorhanden, aber die Verdunstungskälte verpufft häufig wirkungslos – besonders bei hoher Luftfeuchtigkeit oder mangelnder Luftzirkulation.
Bei körperlicher Belastung steigt die Körpertemperatur schnell an, und wenn die Wärme nicht ausreichend abgegeben werden kann, wird der Organismus überfordert.
- Unruhiges Verhalten oder plötzliche Teilnahmslosigkeit
- Starkes Schwitzen ohne große Bewegung
- Flache oder angestrengte Atmung
- Erhöhte Pulsfrequenz (Ruhepuls über 40 Schläge/Minute)
- Zittern, Muskelverkrampfungen oder Koordinationsprobleme
Wenn du mehrere dieser Symptome beobachtest, solltest du das Training sofort abbrechen und dein Pferd gezielt abkühlen.
Oft beginnt es schleichend: Ein Pferd wirkt weniger motiviert, atmet schneller, die Nüstern bewegen sich auffällig, der Blick wird müde. Ungewöhnlich starkes Schwitzen oder auch plötzliches Nachlassen der Leistung können erste Warnsignale sein. Ignorierst du diese Anzeichen, kann es zu einem Hitzschlag kommen – mit Muskelzittern, Gleichgewichtsproblemen oder sogar Kreislaufversagen.
Besonders empfindlich reagieren ältere Tiere, stark bemuskelte Pferde oder solche mit gesundheitlichen Vorbelastungen. Deshalb ist es wichtig, aufmerksam zu bleiben und bei den kleinsten Veränderungen lieber einmal zu viel zu pausieren als einmal zu spät.
Training und Tagesablauf anpassen
Du musst im Sommer nicht auf dein Training verzichten, aber du solltest es intelligent planen. Die frühen Morgenstunden oder der späte Abend bieten oft bessere Bedingungen – mit kühleren Temperaturen und mehr Schatten. Wähle ruhige Einheiten mit vielen Schrittphasen, reduziere die Gesamtzeit und lege bewusst Pausen ein.
Auch Handarbeit oder gezielte Übungen vom Boden aus können sinnvolle Alternativen sein – ohne Leistungsgedanken, dafür mit Fokus auf Vertrauen, Losgelassenheit und Kommunikation. Halte dich nicht an festen Plänen fest – der Sommer verlangt Flexibilität.
- Schrittausritte in den frühen Morgenstunden
- Gezielte Sitzschulung im Schatten
- Feine Bodenarbeitsübungen mit viel Pausen
- Kurze Gymnastikeinheiten in der Halle mit guter Belüftung
- Handarbeit zur Schulung von Stellung & Biegung
Wichtig: Kein Training ohne Trinkpause – auch für dein Pferd!
Nach der Arbeit solltest du deinem Pferd gezielt helfen, die überschüssige Wärme loszuwerden. Beginne dabei immer an den Beinen und arbeite dich langsam nach oben vor – niemals direkt kaltes Wasser auf die Kruppe oder den Rücken geben. Ziehe das Wasser anschließend mit einem Schweißmesser ab, damit sich kein Wärmestau bildet.
Achte darauf, dass dein Pferd danach nicht in einem windstillen Bereich steht – es braucht Luft, um wirklich abzukühlen. Ideal sind schattige Plätze mit natürlicher Belüftung oder ein gut platzierter Ventilator.
Auch die Wasserversorgung verdient besondere Aufmerksamkeit. An heißen Tagen kann der Flüssigkeitsbedarf schnell auf über 40 Liter steigen. Sorge dafür, dass dein Pferd ständig Zugang zu frischem Wasser hat – und kontrolliere regelmäßig die Tränken. Nach intensiver Belastung kann die Gabe von Elektrolyten sinnvoll sein, um verlorene Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Magnesium auszugleichen. Aber: Nur gezielt einsetzen – und nicht einfach „vorsorglich“ überdosieren.
Nicht nur das Training selbst, auch der Tagesablauf deines Pferdes braucht bei Hitze kleine Anpassungen. Weidegang ohne Schatten oder Boxen ohne ausreichende Luftzirkulation belasten den Kreislauf zusätzlich. Achte darauf, dass dein Pferd in der prallen Sonne nicht schutzlos stehen muss – sei es auf der Koppel, am Putzplatz oder im Offenstall.
Überdenke die Weidezeiten und verlagere sie bei Bedarf in die frühen Morgen- oder Abendstunden. Auch im Stall solltest du regelmäßig kontrollieren, ob es ausreichend Durchzug gibt und ob sich keine stehende, warme Luftschicht bildet. Schon kleine Veränderungen können eine große Wirkung haben.
Haut, Ausrüstung & Pflege im Sommer
Die Haut deines Pferdes ist im Sommer besonders gefordert. Schweiß, Sonne, Insekten und Reibung können zu Hautirritationen führen. Kontrolliere regelmäßig die Sattellage, Gurtlage und empfindliche Stellen an Kopf und Beinen.
Wechsle bei Bedarf zu leichteren Schabracken oder atmungsaktiven Satteldecken. Wasche Gurt und Decken regelmäßig aus, damit sich keine Rückstände ansammeln, die die Haut reizen. Auch kühlende Gels oder hautfreundliche Pflegeprodukte können helfen, die Belastung zu reduzieren.
Fliegenmasken mit UV-Schutz, luftige Ekzemdecken und natürliche Insektenschutzmittel machen den Alltag für dein Pferd angenehmer.
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Nicht jeder Tag muss eine Trainingseinheit sein. Vielleicht nutzt du die warmen Wochen ganz bewusst für neue Routinen: gezielte Sitzschulung im Schritt, Bodenarbeit ohne Zeitdruck oder gemeinsame Spaziergänge im Wald.
Auch bewusstes Nichtstun – einfach mal bei deinem Pferd sein, ohne ein Ziel – kann die Bindung stärken. Entscheidend ist, dass du mitdenkst und dein Pferd nicht in ein Schema presst. Der Sommer eignet sich hervorragend für achtsames Arbeiten mit feinen Hilfen und echten Lernmomenten – fernab von Tempo oder Druck.
Reiten bei Hitze ist möglich – aber nur mit Gefühl, Wissen und Verantwortungsbewusstsein. Wenn du das beherzigst, wird dein Pferd den Sommer nicht nur gut überstehen – sondern vielleicht sogar genießen.